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Neues vom Hof - News Details

Schüsse auf Weißstörche

Hrimnir

Es war im Juli 2007, als ein schwer verletzter erwachsener Storch zu uns gebracht wurde. Es hieß, es war ein Stromleitungsanflug. Dabei wurde der linke Flügel so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass er amputiert werden musste.  Der Storch erholte sich dann aber und fügte sich hervorragend in unsere Freigängergruppe ein. 
Eine Islandpony-Gruppe übernahm die Patenschaft und nannte den Storch damals Hrimnir. Das bedeutet aus isländisch Raureif. Sie gab ihr Geschlecht bekannt, als sie sich mit dem Freigänger Haleggur verpaarte und in einem Jahr sogar zwei Eier legte. 
Keiner weiß, wie alt Hrimnir bereits war, als sie zu uns kam. Nun, nach beinahe 13  Jahren erkrankte sie plötzlich. Sie wurde schwächer und keiner wusste, was ihr fehlt. Nur wenige Tage später verstarb sie.
Eine Untersuchung bei Dr. Mensing ergab, dass sie an einer vermutlich bakteriellen Rückenmarksentzündung litt, die zum Tod führte. 

Aber noch etwas anderes stellte sich heraus. Hrimnir wurde während der Zeit vor ihrem Leben auf dem Storchenhof mit Schrot beschossen. Das Röntgenbild zeigt mehrere Schrotpartikel in ihrem Körper. Diese haben sich scheinbar verkapselt, so dass sie dem Tier nicht weiter geschadet haben. 

Es ist nicht sicher, ob der Beschuss zu ihrem Unfall führte oder ob sie die Verletzungen durch die Kugeln bereits vorher selbst kuriert hat. Aber auf jeden Fall ist es Anlass für diesen Artikel, in dem es auch um weitere Vorfälle ähnlicher Art gehen soll.

Hrinmir auf dem Storchenhof 03.05.2007 Hrimnir unterwegs mit Erika 03.05.2007 Hrinmir am 23.07.2007 bei Erika Hrimnir und Pate am 13.04.2008 Hrimnir in der Pferdezeitung 17.05.2008 Hrimnir am 16.04.2012 Hrimnir mit Ei am 16.04.2012 Hrimnir am 17.03.2020 im Auslauf Röntgenbild vom 24.03.2020 Quelle: Dr.Mensing

Auf dem Storchenzug unter Beschuss

Jägerfoto Libanon

Bekannt ist ja inzwischen, dass es einige Regionen auf den Zugwegen der Störche gibt, in denen auf Störche und andere Zugvögel geschossen wird. Häufig geschieht das ohne Not, sondern nur zum Spaß.

Letzteres ist besonders in Malta immer wieder beobachtet worden. In jedem Jahr rasten Störche und immer wieder werden diese Störche be- oder erschossen.  Selbst die Jagdvereine verurteilen dies.  
Gerichte sprechen Jäger frei obwohl Beweise vorliegen

Polen, als Land mit dem größten Weißstorchbestand, vereinbarte mit der Gesellschaft zum Schutz der Natur im Libanon eine Zusammenarbeit.  Im Libanon wird nun auch per Gesetz gegen diese Wilderei vorgegangen, aber die Durchsetzung ist derzeit noch nicht überall möglich bzw. wird noch nicht konsequent genug kontrolliert. 

im Jahr 2014 wurde ein Storch, beringt in Elbrinxen nachweislich von Wilderen angeschossen und schwer verletzt. 

So berichtet die NABU-Seite Störche Bad Doberan:
"Beringter Storch aus Mecklenburg-Vorpommern im Libanon abgeschossen
2.April 2020
Am gestrigen Mittwoch erreichte mich eine traurige Nachricht, die zugleich auch sehr wütend macht: ein höchst engagierter Ornithologe und Vogelschützer aus dem Libanon fand im Norden seines Landes einen aufgrund einer Schussverletzung schwer verletzten, beringten Weißstorch, der kurz darauf leider verendete. Er meldete die Ringnummer einem befreundeten Ehepaar, das wiederum mich informierte. Schnell war klar - es handelte sich um einen in Mecklenburg-Vorpommern geschlüpften Storch. Betreuerkollege F. Tetzlaff hat ihn 2018 im Tierpark Greifswald beringt. 
Leider werden im Libanon in jedem Frühjahr und jedem Herbst immer noch in großer Anzahl streng geschützte Zugvögel abgeschossen, auch Weißstörche sind oft betroffen. Internationale Proteste und vor Ort die Arbeit des Komitees gegen den Vogelmord haben schon einiges in Bewegung gesetzt, unter anderem auch zum Erlass strengerer Gesetze beigetragen, aber der Weg bis zu einer wirklichen Verbesserung der Situation ist noch weit. Auch besenderte Weißstörche aus unterschiedlichen Ländern sind in den vergangenen Jahren schon Opfer der sinnlosen Schießerei geworden."

Organisationen wie das Komitee gegen den Vogelmord (CABS) oder Birdlife Malta kämpfen seit Jahren dagegen. 

Es ist auch bekannt, dass in Israel an den Fischteichen bei Bet Sche'an auf die Vögel angelegt wird. Es wird kein Unterschied gemacht, ob Pelikan oder Schwarz- oder Weißstorch.  Für die Teichbesitzer sind diese Vögel Räuber. Hier kommt noch dazu, dass die Fischteiche zum großen Teil mit Netzen überspannt sind, in denen sich die Vögel verfangen und dann verenden. In Krisen- und Kriegsgebieten im Nahen und Mittleren Osten schießen Soldaten  aus Zeitvertreib auf Vögel.

 

 

 

Das  Storchenzentrum Rheinland-Pfalz berichtet von einem Fall aus dem Jahr 2018, bei dem der männliche Brutstorch vom Horst herunter gegen eine Hauswand geflogen ist. Er hatte keine äußerlichen Verletzungen. Ein sofortiger Tierarztbesuch brachte durch Röntgen zum Vorschein, dass dieser Storch diverse Schrotkugeln im Körper hatte.
Man vermutet, dass der Storch dann an einer Bleivergiftung starb. Man konnte ihm nicht mehr helfen. 

 

Ein ganz ähnlich gelagerter Fall ereignete sich ebenfalls 2018 in Mecklenburg-Vorpommern. Bei einer verunglückten Störchin wurde im Bein ein Spitzdiabolo entdeckt, wie sie in Mitteleuropa verwendet werden.  Es hatte sich bereits verkapselt. aber auch ein Schrotkorn wurde bei der Röntgenuntersuchung entdeckt.Die Störchin geriet alo häufiger unter Beschuss.

Es war vermutlich ein Leitungsanflug bei Horstkämpfen, als bei Rockenberg in Hessen ein Storch im März dieses Jahres verunglückte. Nach seinem Tod stellte man auch hier ein Diabolo im Körper fest.

In diesen Fällen haben die Tiere einfach nur Glück gehabt, dass sie nach dem Beschuss zunächst weiterleben konnten. Ob der Bleischrot mittelbar ursächlich ist für die Unfälle, kann nur spekuliert werden. 

Wenn man sich die Videos oder Fotos anschaut, ist man doch immer wieder erstaunt und froh, dass Störche diesen Beschuss entgehen oder überleben. 

Schüsse auf Störche in Deutschland

Aber es kommt eben auch bei uns in Mitteleuropa, insbesondere auch hier in Deutschland immer wieder zu Vorfällen, bei denen Schusswaffen gegen geschützte Tiere eingesetzt werden.  Nur in einem Fall in Österreich wurde der Schütze angeklagt, weil er bekannt war. 

Ein Storchenvater aus Niedersachsen berichtet uns von einem Fall im Jahr 1972. Er erzählt: das war 1972 in Bergenhusen. Ein flügger Jungstorch lag plötzlich tot auf der Straße. Erst ein Präparator entdeckte ein Projektil. Die Polizei wurde gerufen, stieß aber auf eine Mauer des Schweigens. 

Es wurde uns auch aus sicherer Quelle berichtet, dass auf einen Storch geschossen wurde, der nur auf dem Dach des Hauses ausruhte. Der Hausbesitzer hatte Sorge, dass das Dach schmutzig werden könnte.

2003 wurde die Brutstörchin von Potsdam-Drewitz drei Wochen vor dem Abflug in den Süden mit Schrot erschossen. 

In Baden-Württemberg wurde 2006 in Scheer bei Pfullendorf ein Jungstorch, der nach einem Sturz aus dem Horst gesund gepflegt und wieder ausgewildert wurde, wahrscheinlich  aus nächster Nähe mit Schrot beschossen und starb. Es fanden sich 20 Schrotkugeln in seinem Körper. 

Ein Landwirt erschießt im Kreis Cuxhaven 2011 einen Storch und pflügt ihn unter.

Im Landkreis Barnim wurde 2012 ein "eingeschränkt flugfähiger" Storch gefangen, der einen frischen Einschuss im Ellenbogenbereich hatte. Das Diabolo konnte entfernt und der Storch später geheilt in die Freiheit entlassen werden. 

In Schlieben (Kreis Elbe-Elster in Brandenburg) wurde 2014 ein ebenfalls erschossener Storch gefunden, dem man nicht mehr helfen konnte. Allein in Brandenburg wurden laut WWF Deutschland zwischen 1990 und 2016 19 gewilderte, also erschossenen Störche registriert.  Aus anderen Regionen liegen keine Angaben vor. 

Einer der bekanntesten Fälle der letzten Jahre war Storch „Luther“ in Sachsen-Anhalt. Er konnte glücklicherweise gerettet und 2017 sogar wieder in die Freiheit entlassen werden. Über ihn berichteten wir. Wir wissen, dass Luther ein Jahr nach seiner Auswilderung im Raum Zahna-Elster gesehen wurde.

 

Ebenfalls 2017 wurde in Lotte-Wersen ein Storch beschossen und so verletzt, dass er an den Verletzungen starb.

In Niedersachsen wurden im Jahr 2018 im Kreis Osterholz sogar mehrere Vögel tot mit Schussverletzungen entdeckt, darunter drei Störche.

Im vergangenen Jahr wurde in Schleswig-Holstein eine 35-Jährige Brutstörchin in Wiemerstedt mit verletztem Flügel aufgefunden, bei der Untersuchung fand man auch das Projektil.

In diesem Jahr gab es einen besonders grausamen Fall. Gleich zwei Jungstörche aus einem Horst wurden am Sonntag dem 12.07.2020 durch gezielte Kopfschüsse bei einem ihrer ersten Ausflüge vom Himmel geholt. 
Zwei junge Störche in Spalt illegal abgeschossen

Wie sich bei einer Obduktion herausstellte, starben die Störche NICHT durch Schüsse.

Mitteleuropa

Die bekannteste Störchin, die 1993 durch Wilderer in Kroatien schwer verletzt wurde, dürfte Malena sein, die dort auf einem Hof lebt und dennoch mit Hilfe ihres Retters Junge aufziehen kann.

Im März 2019 wurde in einer kleinen Gemeinde in Bulgarien ein Storch mit einer Schusswunde gefunden. auch hier war es ein Luftgewehr.

Im Juli 2019 wurde in Lodi in der Lombardei/Italien ein Storch im Flug erschossen, ebenfalls mit einem Luftgewehr. Nach dem Täter wurde gefahndet, über eine Strafverfolgung konnte nichts in Erfahrung gebracht werden. 

In den Niederlanden wurde 2019 der Brutstorch von De Lutte vermutlich mit einem Jagdgewehr erschossen.

Dieser Bericht wurde noch nicht einmal veröffentlicht, da erreichte uns die Nachricht von einem weiteren toten Storch in De Lutte
Zitat: "Einer dieser Störche, ein erwachsenes Weibchen, scheint jetzt erschossen worden zu sein. Die Kugel wurde zwischen den Rippen im Zwischenrippenmuskel gefunden. Es ist ein Diabolo, wie er in einem Luftgewehr verwendet wird. Laut den Forschern ist es unwahrscheinlich, dass der Storch mit dieser Verletzung fliegen konnte. Sie gehen daher davon aus, dass das Tier im Nest erschossen wurde. "
Ebenfalls in den Niederlanden wurden am 2.Maiwochenende 2020 in der Region Friesland (Kollum) zwei vermutlich angeschossene Störche gefunden. Es war das Brutpaar - die zwei Jungtiere und zwei Eier wurden in eine Storchenstation gebracht. 

 

Auf der Homepage des Madarparks bzw. der Hortobágy Bird Park - Bird Hospital Foundation Ungarn wird aktuell ebenfalls von einem Schuss sogar aus nächster Nähe mit einem Luftgewehr auf einen Storch berichtet. Dort sind immer wieder Störche und andere geschützte Vögel mit Schussverletzungen in Behandlung, die meist erfolgreich operiert werden konnten. 

 

 

Der letzte Vorfall dieser Art geschah erst kürzlich und selbst RTL Klub Ungarn) berichtete am 28.April 2020. Dr. Deri beschreibt die aufwändige und langwierige Operation detailliert auf der Website. Wir dürfen die Fotos hier zeigen.

 

Es ist an der Zeit, das auch diese Vergehen verfolgt und geahndet werden!

Wilderei ist kein Kavaliersdelikt! 

 

Diese Fälle lassen vermuten, dass entweder nur aus Spaß oder aus Verärgerung auf die Vögel geschossen wurde. Die Dunkelziffer von tödlich getroffenen und vielleicht verscharrten Tieren kennt keiner. Unter Umständen blieb der Brutpartner allein zurück und die Eier wurden aufgegeben oder die Jungvögel starben.

Jedes Geschöpf auf dieser Erde hat seine Daseinsberechtigung, egal, an welcher Stelle der Nahrungskette es steht. Wir Menschen sind nicht befugt, willkürlich aus "Jux und Dollerei" dabei einzugreifen und nur aus der Lust am Töten Tieren Leid und Schmerz zuzufügen oder sie zu töten. 

Die Gesetzeslage in Deutschland ist so, dass derartige Taten auch unter Strafe stehen:
Laut Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG)  §39 (1) ist es verboten, " wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten"...

Der Bußgeldkatalog sieht dafür auch Strafen zwischen 5.000 und 50.000 Euro vor, wobei aus subjektiven Empfinden auch das noch zu gering erscheint 

Seien Sie bitte wachsam! 

Bemerken Sie Vorgänge in ihrem Umfeld, die auf derartiges Geschehen schließen lassen, informieren Sie die Polizei zeitnah! Das bedeutet, wenn meist junge Menschen mit Luftgewehren hantieren und Schießübungen u.U. ohne Aufsicht durchführen, wenn der Nachbar von Vögeln, insbesondere von Störchen auf dem Dach genervt ist, weil diese ja Kot absetzen und das Dach verschmutzen könnten und mit einer Waffe hantiert. 

Unterstützen Sie Organisationen, die sich aktiv gegen den Vogelmord einsetzen. Diese investieren viel Zeit und Kraft beim Kampf für die Vögel auch auf den Zugrouten. 

Dass Sie ein verletztes Tier melden, das versteht sich sicher inzwischen von selbst. 

Dank

Ich bedanke mich für die Zuarbeit:

Aktion Pfalzstorch e.V.
Dr. Andreas Valentin, Tierarzt
Dr. János Déri , Tierarzt, Ungarn
Dr. Niels Mensing, Tierarzt
De Lokkerij -  Niederlande
Georg Fiedler, Weißstorchbetreuer
Birdlife Bulgaria, Dimitar Stoyanov Popov
BUND Wetterau, Jürgen Hutfiels
Yahoogroup Islandpferde, Joachim Elbing
NABU Mengen, Werner Löw
Storchenstation Wabern, Andrea Krüger
Tierpark Greifswald, Frank Tetzlaff
The Stork Foundation, Steffen Hollerbach

 

Sollten Sie Kenntnis von weiteren Fällen haben, können Sie sie uns gern mitteilen.

 

 

Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es sind uns auch Fälle aus anderen europäischen Ländern bekannt.

Aber es geht auch nicht darum, alle Fälle aufzuzählen, sondern um die Gefahren, denen Weißstörche, aber auch andere Vögel ausgesetzt sind. 

Bei der Recherche stelle sich heraus, dass es regional auch einen regelrechten Hass auf Störche gibt, der aber nicht klar begründet wird.

Sollten Sie Ideen dazu haben, schicken Sie uns eine Mail 

 

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