Die Ereignisse und Hintergründe um den Tod von Jonas II
Was genau am 09. Mai im Drömling geschah, lässt sich nur schwer beschreiben, denn wir haben nur die Daten, die uns sein Sender lieferte und den Bericht von Herrn Benecke, der etwas von ihm dort auffand.
Am 09. Mai hat Jonas vermutlich durch einen Angriff eines Seeadlers (Haliaeetus albicilla) sein Leben auf einem Feld verloren. Wahrscheinlich wurde er bei der letzten Futtersuche des Tages für den Nachwuchs überrascht. Nur Federn blieben zurück an der Stelle. Der Adler nahm den Storch mit, der Sender befindet sich jetzt im Seeadlerhorst. Vorerst kann der Sender auch nicht geborgen werden zum Schutz der Seeadler.
Ähnlich erging es ja 2022 einem seiner Kinder. XY985 wurde etwa 13km südöstlich ebenfalls Opfer eines Beutegreifers bzw. Greifvogels (höchstwahrscheinlich Seeadler).
Der Naturschutzbeauftragte des Landes Sachsen-Anhalt und des Altmarkkreises Salzwedel war am Nachmittag des 13.Mai 2023 vor Ort, um zu prüfen, warum seit dem 10.05. keine Daten mehr übermittelt wurden. Er und zwei weiteren Kollegen wurden an einer Nassstelle in den Moordammkulturen des Ohre Drömling fündig.
Er berichtete uns: Storchenfedern, verteilt über eine größere Fläche verteilt, zeugten vom letzten Kampf von Jonas (Das Foto zeigt einen von mehreren Rupfpunkten). Hinweise auf den Logger fanden sich nicht und auch das Gerät zum Herunterladen der Daten blieb stumm. In Verdacht geriet umgehend der in einiger Entfernung brütende Seeadler. Beim Aufsuchen des Adlerhorstes erhielten wir dann ein Signal des Loggers. Es gelang mir die Daten vom 9. und 10. 5. noch herunterzuladen. Die Suche nach dem Logger blieb ohne Erfolg. Die Logger-Suche wird zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal wiederholt.
Es ist gelungen, den Nachwuchs von Jonas aus dem Nest zu holen. Seine Partnerin hätte die Aufzucht allein nicht geschafft.
Inzwischen sind alle vier Küken auf der Welt. Es können sogar Patenschaften für sie übernommen werden.
Jonas hatte in den vergangen Jahren durch die Initiative von Herrn Benecke Junge, die auch mit Sendern ausgestattet wurden. Dass dies recht sinnvoll war, zeigte sich bei der Auswertung der Zugwege, die unterschiedlicher kaum sein konnten.
2019 waren es Waldemar und Mose, nur Mose ist noch am Leben. 2021 bekamen Håljer und seine Geschwister Sender, nur Håljer lebt und übermittelt Daten.
Die Jungen aus 2022 überlebten leider alle ihr erstes Jahr nicht.
Jonas war wohl einen winzigen Moment unaufmerksam oder nicht schnell genug. Vielleicht hatte er auch zu viel Nahrung für die beiden frisch geschlüpften Jungen aufgenommen oder er war zu konzentriert.
Fest steht, er hat sich lange gewehrt, was die Fläche, über die die Federn verteilt waren beweist.
Sicher ist wohl, dass ein Seeadler den Körper des Storches inklusive Sender am frühen Morgen (gegen 05:20 Uhr MESZ) von dort mitgenommen und in sein Nest gebracht hat.
Da keiner beobachten konnte, was geschehen ist, sind alles nur Vermutungen anhand der Daten und des Fundortes der Federn.
Dennoch spricht vieles dafür.
Dazu Herr Benecke:
"...bewiesen ist es nicht, aber alles spricht dafür das der Seeadler den Storch überwältigte und dann zum Horst verfrachtete. Es ist ja nicht der erste Fall. Insgesamt lassen sich bisher 2 weitere tote Störche im Drömling dem Seeadler als Beutegreifer zuordnen. Bei Engersen wurde eine Seeadlerattacke auf einen flüggen Jungstorch sogar mit dem Handy gefilmt. Den Storch konnte ich später mit oberflächlichen Hautverletzungen bergen und er konnte nach Versorgung der Wunden wieder freigelassen werden. Michael Kaatz kennt einen ähnlichen Fall an einem Adlerhorst aus Polen. Die Störche reagieren auf die Gefahr. Seit 2018 siedelt ein Adlerpaar in unmittelbarer Ortsnähe von Sachau, seit dem haben die Störche den nur ca. 500 m Entfernten Horst auf meinem Scheunendach aufgegeben. Es erscheinen nur noch sporadisch Störche, die vom Horst aus den Adler an- und abfliegen sehen und dann wieder verschwinden. Im Drömling sind bei zunehmender Bestandsdichte der Störche inzwischen jedoch alle Horststandorte in der freien Landschaft verwaist. Es wird sicher noch interessant wie sich beide Arten zukünftig arrangieren. So ist halt Natur, sie wirft immer neue Fragen auf."
Unsere Mitteilung in den sozialen Medien rief bei vielen Storchenfreunden große Trauer hervor.
"Da schafft er es um die halbe Welt und wird dann „zuhause“ von einem Adler geschlagen ich dachte, das passiert nur unerfahrenen Jungstörchen…"
"Oh Gott nein das kann doch nicht sein. Ich habe ihn immer verfolgt. Ich bin so traurig lieber Jonas du wirst mir fehlen. Ganz furchtbar"
"Es bricht einem schier das Herz, möge sein Nachwuchs in seinen Fußstapfen aber sicher wandeln "
"So ist nunmal Natur, der Adler möchte auch leben. Sehr traurig, hoffentlich schaffen es seine Kinder."
"Armer Jonas, sehr traurig, neben seinem Nest, nach all den km die er gefahren ist.. Gefahr ist wirklich überall.. Ein großes DANKESCHÖN, dass ihr seinen Nachwuchs von seinem Nest abgeholt habt, Glückwunsch an euch, dass ihr eingegriffen habt. Ruhe in Frieden Jonas" (übersetzt aus dem Französischen)
"Das mit Jonas, dem Storch, war traurig. Ich verfolge ihn schon seit ein paar Jahren." (Übersetzt aus dem Dänischen)
"Es tut mir sehr leid, ich hoffe, dass wenigstens die Kinder die Welt gesund genießen werden. Ich drücke die Daumen" (übersetzt aus dem Slowakischen)
"R.i.p. Jonas in Istanbul haben viele Storchenliebhaber dich besonders ans Herz geschlossen gehabt, wir freuten uns über dich wenn du uns in Istanbul besuchen kamst und ein paar Tage bei uns verweiltest, wir werden Dich sehr aber sehr vermissen"
In der Türkei war Jonas ein kleiner Star. Er wurde geliebt, seine Wege durch die Türkei zur Zugzeit mit großem Interesse verfolgt. Es gibt sogar einen Tierfotografen, der ihm von Bursa bis Istanbul nachgereist ist. Die Storchenfreunde sind ebenfalls sehr betroffen.
Jetzt veröffentlichen diverse türkische Medien eine Art Nachruf.
Hava-Forum über Twitter, Alper Tüydeş über Twitter
ntv.com.tr
"Storch Jonas starb, hinterließ aber Spuren in der Türkei
Der Storch namens „Jonas“ , der dank des Senders an seinem Bein seit 10 Jahren aufmerksam verfolgt wird , starb beim Angriff eines Adlers. Die Türkei lag auch auf der Migrationsroute der Störche, die jedes Jahr Tausende von Kilometern durch viele Länder fliegen. Der Naturfotograf Alper Tüydeş verkündete der ganzen Welt die Geschichte des Storchs und beantwortete die Fragen von NTV."
Es sind zwei Großvögel, wie die Ornithologen auch sagen, dennoch kann der eine zur Beute für den anderen werden, meist bleibt der Seeadler als Sieger zurück.
Ein erwachsener Weißstorch wiegt etwa 3.500 bis 4.500 Gramm, ein ausgewachsener Seeadler bis 6.000 Gramm (Weibchen sogar bis 6.700Gramm).
Es ist bekannt, dass Seeadler auch Graugänse schlagen, also erbeuten. Wenn man bedenkt, dass eine Graugans ein ähnliches Gewicht, wie ein Weißstorch hat, erscheint dieser Beutezug auf den Storch nicht unmöglich.
In den Medien finden sich auch diverse Berichte bzw. Videos zur Dokumentation von Seeadlerangriffen auf Großvögel, zum Beispiel auch auf Kraniche ( und hier) auf einen Schwarzstorch.
Seeadler sind allerdings auch Aasfresser. Sie würden auch den Kadaver eines Storches nutzen.